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Untergang und Auferstehung
#1
Zeitalter der Zauberer, Zeitalter der Anmaßung

In ihrer närrischen Verblendung nannten die Menschen diese Epoche IHR Zeitalter. Doch es war nicht das Zeitalter der Menschen, sondern das der Zauberer. Dass der Großteil von ihnen dem Menschengeschlecht angehörte hatte keine Ursache in höherer Fügung oder Erwähltheit, sondern war der kichernden Laune des Zufalls geschuldet. Die Zauberkundigen herrschten in jenen Tagen und ihre Macht übertraf das, was Sterblichen von den Göttern zugestanden wird und was die Unsterblichen zu Recht mit Begrenzung versehen haben. Sie aber lachten über die Gebote und missachteten sie. Sie schwangen sich in Sphären auf, die den gemeinen Sterblichen verboten sind, da sie von Schrecken und Mächten diktiert werden, die der Geist des Menschen nicht zu fassen vermag. Hochmütig wandelten die Zauberer in diesen Zwischenwelten und mit den unheiligen Wesen stinkender und finsterer Abgründe, jenseits von Vernunft, Zeit und den Gesetzen der Realität paktierten sie. Sie machten sich den Wind und die Meere zu Untertanen, sie formten Fleisch, Stein und Luft. Glanzvoll und gleichsam schreckensschwer waren diese Tage. Versklavte Dämonen und Geister richteten gewaltige Städte in der Spanne einer Nacht auf. Paläste, die in Gold und Flitter glänzten und von denen aus menschliche Könige an den Marionettenfäden der Zauberer tanzten. Völker von anderem Geblüt warfen sie in den Staub, schlugen sie in Ketten oder tilgten sie vom Angesicht der Welt. Sie verließen die eigene Ebene ihres Diesseits und wandelten auf den angrenzenden Scheiben des Seins. Sie sprachen mit den blinden Priestern Atlantis, mit den Schlangendienern Stygiens fochten sie gegen den Barbarenkönig Aquiloniens. Ihre Geister überwanden die Gräben von Zeit und Weite und sangen gemeinsame Beschwörungen mit den unheiligen Dämonenanbetern des verfluchten Rasankurs.
Nichts schien ihnen unmöglich, doch gegürtet mit all ihrer Macht und ihrer Herrlichkeit, waren sie doch nur Menschen. Ihr Geist blieb klein und ihre schwarzen Herzen troffen vom Gift des Verrats und des gegenseitigen Neids. Oh lächerlicher, kleiner Mensch, der du alles hast und nach dem unbedeutenden Tand deines Nachbarn trachtest.
In Vernunft versengender Furcht vor den Brüdern und Schwestern ihrer Zunft, schmiedeten die Zauberer Bünde untereinander und schlimmer noch, mit alten Göttern deren Bosheit selbst die Gestirne in Furcht ihr Antlitz verbergen lassen. Wer sich aber zum Schutz vor anderen verschwört, der hebt bald die Hand zum ersten Schlag, auf dass er der Faust des Feindes zuvorkomme. Die Zahnräder des Schicksals griffen knirschend ineinander und das Universum hielt für einen Wimpernschlag den Atem an. Es geschah, was durch Niedertracht und Unzulänglichkeit des Menschen niemals zu verhindern gewesen wäre.



Die Zauberer zogen wider einander in einen Krieg. Wo aber der gemeine Mann mit Schwert und Speer streitet, da hatten die Zauberkundigen Waffen bei der Hand, die niemals für das Trachten eines Menschen gemacht. Alte Schwüre wurden erfüllt, Götter und Dämonen stürmten aufeinander los. Die Zauberer entzündeten den Himmel und rissen die Erde auf, bis das rot glühende Blut geschmolzenen Steins hervorquoll. Blitze zuckten über geschundene Ebenen, als seien sie kaum mehr denn Pfeile. Berge dienten ihnen als Wurfgeschosse, sich bäumende Meere waren ihnen Schild und brennende Wälder sengende Fackel. In diesen ersten Stunden der Schlacht starben ungezählte Zauberer. Mancher Mächtige weinte um einen guten Freund und treuen Kamerad, doch für den Rest der Menschheit erübrigte nicht der geringste unter ihnen eine Träne. Das im Fieber ihres Kampfes Menschenreiche vergingen, Städte zu Staub zerfielen und Ungezählte in die Düsternis des Todes sanken, welchen Zauberer rührte dies an? Auch die Könige der stolzen Nationen hatten ihre Heere versammelt, im törichten Glauben ihren mächtigen Herren Lehnseid zu schulden. Während um sie her die Welt in Flammen stand schlugen sie sich auf bebender Erde, dass ihr Blut die einstmals blühenden Lande in Morast verwandelte. Diese Helden starben in Glanz und Pracht und waren doch nur Asseln, die sich zwischen den Säulenbeinen von Elefanten balgen. Wie lang ging das Schlachten, welches eine ganze Sphäre nieder warf? Wer wandelt noch unter den Strahlen der Sonne und kann es benennen? Ob ein Tag vergangen oder Zeitalter verflossen? Als schwer die Brust jener sich hob, die noch am Leben und von Erschöpfung und Kampfes Marter gezeichnet, da war das Antlitz der Welt ein höllisch Zerrbild einzig noch. Was zu brennen vermochte, dass stand in Flammen, was nah und auf dem Wasser, das verschlang die zornige See. Mit Entsetzen im Blick sahen es die, die noch das Leben behalten hatten und nicht wenige sehnten sich nach dem Frieden derer, die der Tod schon im Arm wog. Ach, was für Toren, so sie glaubten das Ende der Welt überdauert zu haben. Denn die natürlichen Elemente der Erde sind dem Zauberer nicht mehr, als dem Ritter hoch zu Ross, ein Dolch. Waren die Linien der Magiekundigen auch ausgedünnt, so hat das Wüten allein doch nur die Schwächsten unter ihnen dahingerafft. Was noch stand und weilte, das waren nun die, die sich selbst als die Größten unter Großen sahen. Die Geschöpfe bodenlosester Albträume wurden von ihnen alsdann ins Feld geführt. Wo Gott und Dämon einander in den Himmeln bekriegt, da schritten sie nun einher, dem Menschlein nach dem Leben trachtend.
Die Zauberer, deren Kraft aus der Energie der Welt selbst genährt, hatten dieser Quelle tiefe Wunden geschlagen und die pure Urgewalt, dieser größten aller Mächte im Universum, sprudelte nun ungezügelt in das Land. Als wären die herbeigerufenen Schreckgestalten der Zauberer nicht Pein für alles Leben genug gewesen. Nun durchfloss die unkontrollierte Magie der waidwunden Welt, die Angst erfüllten Seelen der verbliebenden Menschen. Dort fand sie reichlich, dem sie Form geben konnte. Hatte das einfache Volk sich Geschichten vom Mannwolf zugeraunt, so erzitterten sie nun, da ihrer Angst heulende Gestalt gegeben. War dem Kind vom Riesen erzählt, um es gefügig zu halten, so dröhnte die Erde unter den Schritten dieser Sagenfigur. Gleiches wohl mit Schlangenwurm und Vampyr. Auf diese Art kamen, neben den kosmischen Schrecken aus den anderen Sphären, die Ungeheuer der ureigenen, menschlich Furcht über das zerrissene Land. Ihre Zahl, die die Zahl der menschlichen Ängste ist, übertraf blad die von einer Frau Geborenen. Wo die Menagerie aus Furchtbarkeiten keinen Menschen mehr zum Reißen fand, da verbiss sie sich in Ihresgleichen und wütete, dass es ein Grausen war. Im Trotz stand noch immer die Zauberer auf dem Aschehaufen des Seins und waren miteinander nicht fertig. Jene die nicht von den zürnenden Göttern zermalmend und den albgeborenen Bestien zerrissen, thronten auf geborstenen Bergen und die Gräulgestalten tobten gegen die flimmernden Kugeln schützender Felder, die sie umgaben. An einer Hand ließen sich diese Verbleibenden zählen und keiner sah das Weiterleben noch für sich. Allein, ihr Hass war so gewaltig, dass sie danach streben ihre Feinde mit ins eigene Verderben zu schleudern. Einige zerrten die Gefallenen in unheiliges Scheinleben zurück und ließen die Toten unter dem Banner ihres Willen ein letztes Mal marschieren. Andere zwangen die Bestien in ihren Bann und sandten sie durch die Ruinen der Welt, dem Feind entgegen. Der mächtigste von ihnen, dessen Name allein hier genannt sein soll und der XXX gewesen, stieß nun aber die Tore des endgültigen Verhängnisses auf. Tief stieß er die Klauen seines Geistes in die blutende Welt und was als letzter Rest Magie noch auf dieser Ebene verblieben, wurde von ihm in einem Todesstoß vereint. Ruhe senkte sich über die Welt und wo noch Kämpfen war, da war nun Schweigen. Aus den unnennbarsten Abgründen entquoll ein Nebel, so schwarz wie die mondloseste Mitternacht und von einem teuflischen Wollen beseelt. Dieses Grabtuch zog sich lautlos über alles Sein und bedeckte die Welt mit Finsternis. Der Eine, der noch gewesen zu hören, hat die Schreie gehört, die aus dem Schleier drangen. Was in dem Schwarz geschah, keiner Sprache Wort kann je es künden.
Die Welt war ihrer Magie beraubt und entseelt von jedem Menschen. Von jedem bis auf einen. Ich bin XXX, der gewaltigste der Zauberer und der letzte Mensch auf Erden.
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Untergang und Auferstehung - von Kogan - 04.06.2023, 20:35

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